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Beschlagnahme von Trommeln der SAMBASTAS war rechtswidrig

Datum: 30.05.2012

Kurzbeschreibung: PM vom 30.05.2012

Die Beschlagnahme von Trommeln, Trillerpfeifen und Ohrstöpseln der Musikgruppe „Sambastas“ beim Deutsch-Französischen Gipfel am 10. Dezember 2010 durch die Stadt Freiburg war rechtswidrig. Das entschied das Verwaltungsgericht nach einer Zeugenvernehmung des einsatzleitenden Polizeidirektors und Auswertung von Videomitschnitten mit einem den Beteiligten vor kurzem zugestellten Urteil (Urt. v. 16.5.2012 - 4 K 1417/11 -). Die Sambaband politischer Aktivisten aus Freiburg hatte mit sehr lauter Trommelmusik in der Nähe des Bertoldsbrunnens im Rahmen eines „Carnaval de resistance“ gegen den Gipfel protestiert, war eingekesselt worden und hatte später auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme ihrer Trommeln geklagt.

Das Gericht entschied, auch eine nicht angemeldete Demonstration stehe unter dem Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Im Grundsatz erlaube allerdings selbst das Versammlungsrecht Auflagen und Beschränkungen zur Verhinderung extrem lauten Trommelns bereits unterhalb der Schwelle eines gesundheitsgefährdenden Lärms. Dies könne etwa zum Schutz unbeteiligter Passanten geschehen, wenn diese sich - anders als etwa die eigens mit Ohrenstöpseln ausgerüsteten Trommler - dem Lärm nicht entziehen könnten. Ein Außenstehender müsse sich die Teilnahme an einer von ihm nicht gebilligten Versammlung auch nicht durch übermäßige Schallverstärkung gleichsam aufzwingen lassen. Denkbar und im Einzelfall zwingend könnten solche Maßnahmen auch sein zum Schutz der Durchführbarkeit einer staatlichen Veranstaltung oder mit Blick auf das Arbeitsschutzrecht der beteiligten Polizeibeamten, aber auch zum Schutz der Kommunikation der Polizisten untereinander bei einem solchen Gipfel mit höchster Sicherheitsstufe.

Hier jedoch sei die Beschlagnahme ermessensfehlerhaft gewesen, da das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit allenfalls ansatzweise in die Ermessenserwägung eingestellt worden und die konkrete Maßnahme hiermit nicht zutreffend abgewogen worden sei. Eine ernstzunehmende Lärmstörung der Teilnehmer des Ministerratstreffens sei wegen der Entfernung zwischen Bertoldsbrunnen und Münsterplatz nicht möglich gewesen. Es habe auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass zufällig in der Nähe befindliche Passanten des Schutzes vor Lärm durch Beschlagnahme der Trommeln bedurft hätten. Auf den Arbeitsschutz für die Polizeibeamten habe sich die Stadt in ihren Erwägungen gar nicht berufen. Dass vor der Beschlagnahme erfolglos als milderes Mittel versucht worden wäre, die Musikgruppe anzusprechen und zur Aufgabe des Trommelns zu bewegen, lasse sich nicht feststellen. Ermessensfehlerhaft sei schließlich die Beschlagnahme auch der Ohrstöpsel, da von ihnen gar keine Gefahr ausgegangen sei.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim stellen.

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