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Stadt Todtnau darf Erschließungsbeiträge für die Ennerbachstraße verlangen

Datum: 13.07.2011

Kurzbeschreibung: PM vom 13.07.2011

Mit Urteil vom 6. Juli 2011 (4 K 659/10), das den Beteiligten inzwischen zugestellt worden ist, hat das Verwaltungsgericht die Klage der Eigentümerin einer Wohnung an der Ennerbachstraße in Todtnau gegen einen Vorauszahlungsbescheid für Erschließungsbeiträge abgewiesen. Das Verfahren ist ein Musterverfahren für 29 weitere Klagen von Grundstückseigentümern, die ebenfalls zur Vorauszahlung von Erschließungsbeiträgen für die Ennerbachstraße herangezogen worden sind. Streitig war zwischen den Beteiligten vor allem die Frage, ob es sich bei der Ennerbachstraße um eine bereits vorhandene Erschließungsanlage im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts handelte. Denn für vorhandene Erschließungsanlagen, für die vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahr 1961 mit seinen erschließungsbeitragsrechtlichen Vorschriften keine Beitragsschuld entstehen konnte, dürfen auch nach dem heute anwendbaren Kommunalabgabengesetz keine Erschließungsbeiträge erhoben werden.

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts hat nach ausführlicher Würdigung einer Vielzahl von Erkenntnisquellen, insbesondere nach Auswertung der historischen Unterlagen aus dem Ortsarchiv von Todtnauberg, festgestellt, dass es sich bei der Ennerbachstraße weder im oberen oder mittleren noch im unteren Bereich, der so genannten „Säge“, um eine vorhandene Erschließungsanlage handelte. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt:

Ob eine Straße im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts vorhanden sei, richte sich nach dem bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1961 geltenden Landesrecht. In Baden habe nach dem Inkrafttreten des Badischen Ortsstraßengesetzes im Jahr 1868 eine Straße nur entstehen können, wenn sie in einem Ortsstraßen-, Straßen- und Baufluchtenplan oder in einem Bebauungsplan festgestellt gewesen sei. Ein solcher Plan sei für die Ennerbachstraße nicht auffindbar. Es gebe auch keine Indizien, die hinreichend sicher darauf schließen ließen, dass es einen solchen Plan einmal gegeben habe. Der Ausbau der Ennerbachstraße in den Jahren 1906 bis 1908 sei zwar von einem förmlichen Verfahren begleitet worden. Es überwögen aber die Hinweise dafür, dass dieser Ausbau nach dem allgemeinen Straßengesetz von 1884 erfolgt sei und der Ennerbachstraße die Funktion einer überörtlichen Gemeindeverbindungsstraße zugekommen sei. Dies stehe der Annahme einer Ortsstraße nach dem Badischen Ortsstraßengesetz entgegen. Nach den anerkannten Regeln der Beweislast, nach denen die Klägerin, die sich auf den Ortsstraßenplan berufe, sein Vorhandensein beweisen müsse, habe die Kammer davon auszugehen, dass es einen solchen Plan nicht gegeben habe.

Die Ennerbachstraße sei auch keine so genannte historische Straße, also eine schon 1868 bei Inkrafttreten des Badischen Ortsstraßengesetzes vorhandene Ortsstraße. Ihr mittlerer Abschnitt sei erst beim Straßenausbau in den Jahren 1906 bis 1908 entstanden. In Bezug auf den unteren, früher als „Säge“ bezeichneten Straßenabschnitt spreche alles dafür, dass er vor 1868 überhaupt nicht als öffentlicher Weg existiert habe. Außerdem habe dem oberen Straßenabschnitt wie auch dem unteren Abschnitt die erforderliche innerörtliche Erschließungsfunktion gefehlt, denn sie hätten nicht dem Anbau mit Wohngebäuden innerhalb der Ortschaft gedient. Die Qualität einer Ortschaft komme dem an diesen Abschnitten im Jahr 1868 vorhandenen Baubestand nicht zu; die Bebauung vermittele eher den Eindruck zufälliger Ansiedlungen verstreuter Anwesen. Die Straßenabschnitte hätten ersichtlich auch deshalb nicht die Aufgabe gehabt, weitere Bebauung zu ermöglichen, weil es in früherer Zeit offensichtlich überhaupt kein Bedürfnis nach weiterer Bebauung im Gewann Ennerbach gegeben habe.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen.

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