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Vergabeverfahren Tonhalle

Datum: 01.02.2006

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 26.01.2001

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 13.12.2000 (1 K 2047/98) eine Klage der Stadt Villingen-Schwenningen gegen einen Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart abgewiesen, mit dem dieses das Vergabeverfahren für die Blechnerarbeiten des Dachs der Tonhalle beanstandet hatte.

Das Gericht hat sich bei seiner Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
 "Die vom Regierungspräsidium Stuttgart getroffene Feststellung, dass die Vergabeentscheidung der Klägerin rechtswidrig war, ist ... nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin hat bei ihrer Vergabeentscheidung die nach dem 2. Abschnitt der VOB/A bei der Vergabe öffentlicher Aufträge maßgeblichen Rechtsgrundsätze dadurch verletzt, dass sie ihre Entscheidung nicht allein auf die in den Verdingungsunterlagen genannten, sondern auf weitere, dort nicht aufgeführte Kriterien gestützt hat.
Gemäß § 25a VOB/A dürfen nämlich bei der Wertung der Angebote nur Kriterien berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind. ... Zwar hat die Klägerin auch in der Bekanntmachung und in den Verdingungsunterlagen deutlich gemacht, dass es ihr auf Qualität und Gestaltung ankommt. Dies bezieht sich jedoch auf die Qualität der eigentlichen Werksausführung und nicht auf die Qualität eines vorgelegten Modells. Die Vorlage eines Modells zur Überprüfung und Bewertung des Angebots im Hinblick auf die erforderliche Fachkunde des Bieters ... wurde von der Klägerin in der Ausschreibung gerade nicht verlangt. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A müssen bei öffentlicher Ausschreibung in der Aufforderung zur Angebotsabgabe aber die Nachweise bezeichnet werden, deren Vorlage mit dem Angebot verlangt oder deren späteren Anforderung vorbehalten wird. Die den Bietern übermittelten Unterlagen der Klägerin fordern in Nr. 2.5 der ZTV jedoch nur die Vorlage eines Modells nach Auftragserteilung. Dadurch, dass das von vier der insgesamt sieben Bieter verlangte Modell ausschlaggebend für die Bewertung und die Zuschlagserteilung war, hat die Klägerin ein neues Kriterium i.S.v § 25a VOB/A, nämlich die Beurteilung der Qualität der Arbeit des Bieters anhand eines zu erstellenden Modells, das nicht mit dem angegebenen allgemeinen Merkmal Qualität gleichzusetzen ist, bei der nach § 25 VOB/A vorzunehmenden Wertung herangezogen.


Zwar ist der öffentliche Auftraggeber, wie die Klägerin zu Recht anmerkt, gemäß § 25 Nr.3 Abs.3 S.2 VOB/A nicht gehalten, den Zuschlag allein auf das Gebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Nach dieser Vorschrift soll nämlich der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller technischen und wirtschaftlichen, ggf. auch gestalterischen und funktionsbedingten Gesichtspunkte als das annehmbarste erscheint. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend. Auch wenn damit neben dem Preis andere sachliche Erwägungen in die Vergabeentscheidung einzufließen haben, ist dies jedoch auf die in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien beschränkt, die, wie zuvor dargelegt, die Erstellung eines Musters vor Auftragsvergabe nicht vorsahen.

Dem Auftraggeber ist bei seiner Entscheidung der Rückgriff auf solche Anforderungen verwehrt, die in der Ausschreibung und den an die Bieter übermittelten Anforderungsprofilen keinen Ausdruck gefunden haben. ... Da sich die Bewerber nämlich nicht darauf haben einstellen können, wird durch eine solche Erweiterung des Kriterienkatalogs sowohl die Vergleichbarkeit der Angebote untereinander als auch die Preisermittlung nachhaltig gestört. ... Auch der Zweck der Regelungen, eine Vergabe nach sachlichen und willkürfreien  Kriterien sicherzustellen, verbietet eine Beurteilung aufgrund neuer Kriterien, die in die Verdingungsunterlagen keinen Eingang gefunden haben. Könnte der Auftraggeber nachträglich den Kriterienkatalog beliebig - unter Berufung auf die Qualität der Leistung - verändern, wäre die nach dem Zweck der Regelung erforderliche Überprüfung einer Vergabeentscheidung nach objektiven Kriterien nicht mehr möglich. Durch sie würden Veränderungen im Anforderungsprofil ermöglicht, mit deren Hilfe der Auftraggeber einen dem Gebot der Chancengleichheit widersprechenden Einfluss auf die Vergabeentscheidung nehmen könnte. Dann wäre aber dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, zu dem auch die Vorhersehbarkeit, Messbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehört, nicht in dem gebotenen Umfang genügt.“

Das Gericht hat sich bei seiner Entscheidung nicht mit der Frage eines eventuellen Schadensersatzanspruchs befasst, sondern allein damit, ob das Vergabeverfahren rechtmäßig war.

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